Digitale Trainingsangebote haben seit der Corona-Krise bekanntermaßen einen extremen Schub erfahren. Es ist unbestritten, dass sie aus unserem Gesamtportfolio nicht mehr weg zu diskutieren sind. Nichtsdestotrotz muss man sich als Studiobetreiber die Frage stellen, ob diese digitalen Angebote ein Teil meines Kernangebots werden (hybrides Studiomodell) oder lediglich als weiteres Zusatzangebot in mein Leistungsportfolio aufgenommen werden sollen. Sieht man ‘Online-Training’ als ein Zusatzangebot an, so macht die Umsetzung als ein Profitcenter Sinn. 

An Online-Training führt kein Weg vorbei

Nicht erst seit den Corona-Lockdowns ist das Thema digitales Training ein Dauerbrenner in Branchenausblicken. Viele Studiobetreiber probieren sich auch über die Grenzen des deutschsprachigen Raums hinaus bereits an einigen Facetten des digitalisierten Trainings und erforschen Potentiale von hybriden Mitgliedschaftskonzepten für ihre Anlage(n). Gerade die temporären Studioschließungen im Zuge der Lockdowns heben Online-Trainingsangebote aber auf ein ganz neues Relevanzlevel. Entsprechend listet auch der ISPO-Trend-Report Online-Training zu den wichtigsten Trends der Fitnessbranche auf.  

Die Aufnahme von Online-Trainings in das eigene Produktportfolio stellt demnach längst keine Pionierarbeit mehr dar, sondern ist schon jetzt ein Bestandteil der Erwartungshaltung des Marktes an Leistungsanbieter. Im Folgenden wird daher darauf eingegangen, wie sich Studiobetreiber hierfür mittels eines Profitcenters ‚Online-Training‘ aufstellen können. 

Profitcenter – Allgemein 

Fitnesstraining und die damit verbundenen Angebote sind heute bei Weitem nicht mehr so eindimensional, wie sie einst waren. Viele verschiedene Zusatzangebote haben sich um das Hauptangebot Fitness versammelt und fordern Aufmerksamkeit ein. Online-Training ist hier erst einmal nur ein weiteres (aber extrem wichtiges!) unter vielen anderen. Um den Fokus auf dieses wichtige Thema innerhalb des Unternehmens zu behalten und trotzdem die Führung nicht zu überlasten, bietet sich das Konzept des Profitcenters für viele Zusatzangebote, u.a. auch das Online-Training, an. 

Ein Profitcenter kann im Grunde als eigener organisatorischer Teilbereich innerhalb eines Unternehmens angesehen werden. Ein “Unternehmen im Unternehmen”, wenn man so will. Die wesentlichen Basics in der Umsetzung eines Profitcenters sind: 

  1. Klare Definition einer verantwortlichen Person im Team, die für das Thema “brennt”
  2. Klare Budgetierung und Kostenkontrolle
  3. Regelmäßige Meetings und Feedbackrunden
  4. Zielgruppe intern vs. extern

Wenn Sie einen allgemeinen Überblick über das Thema Profitcenter mit allen sich daraus ergebenden Potentialen erhalten möchten, können Sie in der Ausgabe 189 der FITNESS TRIBUNE (ab S. 78) einen entsprechenden Artikel finden. Dieser Artikel soll sich im Weiteren mit der speziellen Umsetzung im Zusammenhang mit dem Thema ‘Online-Training’ beschäftigen. 

Profitcenter Online-Training – Umsetzung

Speziell für ein Profitcenter ‘Online-Training’ werden im Folgenden klare Handlungsempfehlungen für personelle Verantwortung, Projektumsetzung und den technischen Hintergrund diskutiert, die dem Leser als Eckpfeiler zur eigenen Implementierung dienen können. Anschließend werden generelle Umsetzungsaspekte beleuchtet. 

Personelle Verantwortung

Für die Einführung und das kontinuierliche Management eines Profitcenters ‘Online-Training’ empfiehlt sich die Zuordnung eines designierten “Product Managers”, welcher die Leitung des Projekts übernimmt. Ein elementarer Baustein des dauerhaften Erfolgs liegt dabei in der Hingabe der klar definierten Verantwortungsperson, das System erfolgreich zu gestalten sowie Prozesse und Strukturen immer weiter zu optimieren. Wie bei jedem anderen Projekt (siehe hierzu den folgenden Abschnitt) auch hält der Projektleiter die einzelnen Projektglieder zusammen und koordiniert, kontrolliert und adaptiert Maßnahmen, um das Profitcenter möglichst gewinnbringend für den Betrieb zu gestalten. 

Eine solche Verantwortungsperson sollte natürlich die nötigen Voraussetzungen für den sachdienlichen Umgang mit den inhaltlichen Themen mitbringen. Gerade für den Online-Bereich ist eine gewisse Affinität zu Technik und Digitalisierung unabdingbar, um sich in die Thematik einzuarbeiten und auf dem neuesten Stand zu bleiben. Im Software-Bereich sind rasche Entwicklungen und Schnelllebigkeit keine Besonderheit, sodass regelmäßige Updates und damit einhergehende Kundenerwartungen von Unternehmensseite sorgfältig verwaltet werden müssen.

Umsetzung als Projekt

Die Einführung eines Profitcenters ‘Online-Training’ will wohl durchdacht sein. Dies liegt insbesondere darin begründet, dass man sich, in der Regel über längere Zeit, an ein System bindet. Ein Austausch dessen ist dabei, selbst mit den notwendigen finanziellen Mitteln, nur mit erheblichem Zeitaufwand möglich. Dementsprechend sollte die Umsetzung des Profitcenters ‘Online-Training’ und insbesondere die damit verbundene Softwareanschaffung als Projekt begriffen werden, welches der zuvor definierte “Product Manager” leitet. 

In der Regel sollten im Zusammenhang mit der Einführung eines Zusatzangebots ‘Online-Training’ die folgenden Steps durchlaufen werden:

  1. Interne Definition des neuen Angebots und die daraus resultierenden Anforderungen an eine entsprechende Software
  2. Recherche potenzieller Angebote und Gespräche mit Anbietern
  3. Entscheidung für einen Anbieter
  4. Implementierung und erste Testphase
  5. Roll-Out für alle Mitglieder bzw. Interessierten
  6. Erfolgskontrolle 

Technische Umsetzung

Auch der beste Projektmanager kann mit einer exzellenten Projektplanung das Profitcenter nicht sachdienlich umsetzen, wenn die technischen Bedingungen nur ungenügend erfüllt sind. Gerade bei Online-Angeboten steht die Definition der Anforderungen an eine Software nicht umsonst an erster Stelle der Roadmap. 

Generell besteht die Frage darin, welche wesentlichen Aufgabenschritte über eine Software für ein Online-Training abgebildet werden sollen. In der Regel schließt dies die Bereitstellung von Trainingsmöglichkeiten über einen digitalen Kanal sowie die Betreuung der Kunden ein. Einige Software-Anbieter stellen neben Trainingsplanerstellung und -zuweisung auch die Individualisierung von Planvorlagen zur Verfügung, um individuellere Angebote zu schaffen. Auch die Möglichkeit, standardisierte Betreuungsprozesse für Online-Trainierende aufzuziehen und abzuwickeln, kann als wertstiftende Funktionalität verwendet werden. Nicht zuletzt können Online-Mitglieder aber über viele Plattformen auch auf On-Demand-Trainingsinhalte zugreifen oder auch an Live-Kursen teilnehmen. Ebenso spielt gerade bei digitaler Interaktion das regelmäßige Aktivieren der Kunden eine wichtige Rolle. Dies kann etwa über digitale Nutzerchallenges oder gamifizierte Fortschrittsanalysen erreicht werden. 

Die angebotenen Varianten von Lieferanten sind bereits jetzt sehr vielseitig und werden stetig erweitert und optimiert. Es lohnt sich, die wesentlichen Anbieter einmal nach ihren Services zu kategorisieren und dann zu entscheiden, welche der Funktionalitäten mit ihren Mehrwerten für die eigenen Bedürfnisse und Pläne die richtigen sind und sich gut in bestehende Betriebssysteme sowie -prozesse integrieren lassen.

Allgemeine Tipps zur Umsetzung

Sind die wesentlichen Eckpfeiler des Profitcenters geklärt, so kann die weitere Umsetzung angegangen werden. Hier bieten sich verschiedene produkt- sowie preispolitische Gestaltungen an, die im Rahmen dieses Artikels ebenfalls in Kürze angerissen werden sollen. 

Eine wichtige Frage, der man sich stellen muss, ist, für welche Zielgruppe so ein Online-Training als Serviceleistung verfügbar sein soll. Nur für die eigenen Mitglieder auch für externe Nicht-Mitglieder? Insbesondere die Öffnung des Angebots für Nicht-Mitglieder kann hohes Potential für Nutzerzuwachs bieten, denn digitale Leistungen lassen sich auch über große physische Distanzen hin nutzen. Ein Beispiel: ein Nicht-Mitglied aus Hamburg kann über das Internet ein Online-Angebot eines Studios in München nutzen. Somit wird die potenzielle Reichweite über das Münchner Einzugsgebiet hinaus vergrößert. Auf der anderen Seite erhöht es aber den eigenen Verwaltungsaufwand und schafft ein im Grunde weiteres Produkt. Diese Aufwände müssen mit den potenziellen Erträgen verglichen werden. Nicht immer rechtfertigen diese zusätzlichen Umsätze mit Nicht-Mitgliedern die Aufwände. 

Gleichzeitig sollten Anbieter sich Gedanken um die Preisgestaltung machen. Ein Zusatzangebot kann generell die Mitgliedschaft inkludiert werden und somit ein zusätzlicher Mehrwert für die Kundenbindung sein (1), ähnlich wie beim Personal Training als fixe Extrakosten on-top auf die Mitgliedschaft berechnet werden (2) oder als ein einzelnes Stand-Alone-Paket außerhalb der Mitgliedschaften angeboten werden (3). Je nach Kategorisierung der Mitgliedschaften empfiehlt sich darüber hinaus auch ein Mix, indem beispielsweise Basismitglieder keinen automatischen Zugang zum Online-Training haben, Premium Mitglieder mit ihren Vertragsmodalitäten aber schon.

Insgesamt ist die korrekte Umsetzung mit all ihren Aspekten eine sehr individuelle Sache, die nur schwer allgemein formuliert werden kann. Es empfiehlt sich daher immer, sämtliche Teammitglieder früh einzubinden, um eventuelle Probleme zu erkennen und Lösungen zu bilden. Auch eine externe Sicht über entsprechende Experten oder auch vertrauensvolle Testkunden kann hier hilfreich sein.

Fazit

Ohne ein digitales Trainingsangebot ist zukünftig fast kein Fitnessangebot mehr denkbar, so dass man diesen Trend auf keinen Fall verschlafen sollte. Die Implementierung bietet aber zahlreiche Tücken, weswegen die Umsetzung mit extremer Sorgfalt erfolgen sollte. Diese Notwendigkeit kann durch das Konstrukt eines Profitcenters gerade mit Blick auf die personelle Verantwortung und die genaue Budgetierung gewährleistet werden. Ihre Kunden werden es Ihnen danken! 

Vielen Dank an Stefan Rauch, der mich als Co-Autor bei diesem Artikel unterstützt hat.

Du findest diesen Artikel auch in der FITNESS TRIBUNE Nr. 193.

Literaturverzeichnis

Bechler, Andreas (2020): “Erfolgreicher mit Profitcentern”, in FITNESS TRIBUNE 189, S. 78-79, Fitness-Experte AG 

Becker, Lars (2020): “Die sieben wichtigsten Fitness-Trends für das Jahr 2021”, online abrufbar unter https://www.ispo.com/trends/die-sieben-wichtigsten-fitness-trends-fuer-das-jahr-2021 (Stand: 29.12.2020)