Während der Corona-Pandemie sind monatlich kündbare Mitgliedschaften verstärkt durch Fitnessstudios angeboten worden. Ursprünglich als reine Überbrückungsmaßnahme gedacht, könnten sie ihren Siegeszug in der Fitnessbranche schon bald fortsetzen und flächendeckend die Branche erobern. Warum dies sehr wahrscheinlich so kommen wird und wie ein Fitnessstudio solche Kurzzeit-Mitgliedschaften umsetzen kann, darüber soll dieser Artikel aufklären. 

Warum sich kurze Mitgliedschaften durchsetzen werden

Viele Betreiber bezweifeln immer noch, dass sich kürzere Mitgliedschaften flächendeckend durchsetzen werden. Ich sehe dies ganz klar anders und bin vom mittelfristigen Siegeszug überzeugt. Die Gründe dafür habe ich Anfang 2021 in einem LinkedIn-Artikel dargestellt, welche ich hier nochmals kurz darstellen möchte. Für eine ausführlichere Darstellung schauen Sie gerne auf meinem LinkedIn-Profil vorbei.

Kunden stellen heutzutage erhöhte Anforderungen an die vertragliche Flexibilität. Dies liegt zum einen natürlich an den Erfahrungen aus der Corona-Pandemie, zum anderen hat es aber auch seinen Ursprung in den vielen Angeboten außerhalb der Fitnessbranche (z.B. Streamingdienste oder zunehmend auch im Mobilfunk). Potenzielle Kunden gewöhnen sich zunehmend an diese Möglichkeit und erwarten diese nun auch in anderen Bereichen. 

Aber auch die Fitnessbranche kennt diese monatlich kündbaren Mitgliedschaften bereits, schließlich haben sich die sogenannten Sportaggregatoren längst in der Branche etabliert. Bedenkt man, dass über 50 Prozent der Fitnessstudios bereits mit einem Aggregator zusammenarbeiten, dann müssten viele Verweigerer dieses Vertragsmodells eigentlich zugegeben, dass sie in Wirklichkeit schon längst ein solches Angebot haben. Aber wenn man es schon indirekt anbietet, dann sollte man doch lieber selbst die Zügel in die Hand nehmen, oder? 

Welche Voraussetzungen ein Fitnessstudio erfüllen muss

Kurze Vertragslaufzeiten haben eine große Herausforderung, Sie werden deutlich stärker als sonst an Ihrer Qualität und an den Kundenergebnissen gemessen. Der Kunde kann jederzeit, fast von heute auf morgen einfach gehen, wenn versprochene und tatsächliche Leistung nicht zusammenpassen. Machen Sie sich also klar, dass Sie erst einmal alle Prozesse und sonstige leistungsentscheidenden Faktoren optimieren müssen, bevor Sie kurzfristige Mitgliedschaften etablieren. Sonst besteht tatsächlich die Gefahr, dass Ihre Kunden scharenweise davonrennen. 

Was bei der Umsetzung zu beachten ist

Betrachten Sie die Umsetzung dieser neuen Vertragsstruktur als Projekt. Jedes Projekt erfordert einen Verantwortlichen, fundierte Planung, regelmäßige Projektsitzungen und die “Mitnahme” der wichtigsten Stakeholder-Gruppen. Im Falle eines Fitnessstudios sind dies Ihre Mitarbeiter und natürlich auch Ihre Bestandskunden. 

Ihre Mitarbeiter stehen an der vordersten Front. Sie müssen am Ende vom Tag das neue Konzept den Interessenten verkaufen können. Binden Sie diese also von Anfang an in Ihre Planung ein und vergessen Sie auch nicht, dass Sie auch diese davon überzeugen müssen. Mitarbeiter, die nicht davon überzeugt sind, werden es in der Regel auch schwer haben, dieses neue Vertragsmodell zu verkaufen. 

Wenn man monatlich kündbare Mitgliedschaften einführt, denkt man gerne in Richtung der potenziellen Neukunden. Gerne werden dabei eine mindestens genauso wichtige Gruppe vergessen, die Bestandskunden. Eine einseitige Umsetzung, die nur auf neue Verträge abzielt, kann nicht funktionieren und wird Ihnen nur den Ärger der bestehenden Mitglieder einbringen. Dieses Phänomen kann man aktuell recht gut unter Werbung für diese Vertragsmodelle in den sozialen Medien beobachten. Überlegen Sie also, wie Sie Ihre Bestandskunden abholen wollen. Mindestens das Angebot zum Wechsel in das neue Vertragsmodell zu identischen Konditionen wie für Neukunden sollten Sie Ihren treuen Kunden einräumen. 

VIele Betreiber fürchten sich bei Umsetzung monatlich kündbarer Mitgliedschaften vor einer Erhöhung der Fluktuation. Diese Sorge ist durchaus nachvollziehbar, gerade wenn man an die Sommermonate denkt. Gehen Sie daher auch damit proaktiv um und bieten Sie Ihren Mitglieder die Möglichkeit einer Ruhezeit statt der Kündigung an. Auf diese Weise können die Mitglieder gehalten werden und bleiben trotzdem Mitglied. 

Eine Hoffnung, die viele Fitnessstudiobetreiber mit der Einführung monatlich kündbarer Mitgliedschaften haben, ist, dass es sich zu einem Selbstläufer entwickeln könnte. Verabschieden Sie sich davon. Sie haben damit zwar häufig ein echtes Alleinstellungsmerkmal in Ihrer Region gewonnen, trotzdem werden Sie nicht darum hinweg kommen, dies den Kunden über entsprechend gestaltete Werbung (inkl. zugehörigem Budget) zu kommunizieren. Dann haben Sie auch gute Chancen, dass es zu einem Boom führen könnte.  Kein Selbstläufer – Stichwort Marketing 

Wie Preismodelle aussehen können

Ihr Preismodell ist bei kurzfristigen Mitgliedschaften durchaus kriegsentscheidend. Legen Sie die Preise so, dass Ihre Kunden die kürzen Vertragsdauern nicht als ernsthafte Alternativen wahrnehmen, dann können Sie es eigentlich auch lassen. Grundsätzlich haben Sie die Option zwischen zwei Alternativen.

Klassischerweise kennen wir in der Fitnessbranche das gestaffelte Preismodell. Mit zunehmender Vertragsdauer sinkt der Preis und umgekehrt. Gerade hier fällt man aber schnell in das bereits aufgezeigte Dilemma, dass man die Preise so definiert, dass der Kunde die kürzeren Laufzeiten nicht als ernsthafte Alternativen ansieht. Es kann aber keine simple Regel definiert werden, bei welchem Preisunzerschied es funktioniert und ab wann nicht mehr. Hier muss über Kundenbefragungen die Preisschwelle in der Zahlungsbereitschaft ermittelt werden. 

Ein anderer Ansatz, welcher zunehmend im Mobilfunkbereich vorzufinden ist, ist die Steuerung über die Startgebühr, die mit zunehmender Vertragsdauer abnimmt. Der monatliche Preis bleibt aber in allen Vertragsstufen gleich. Dieses Konzept ist durchaus auch für Fitnessstudios extrem interessant, da es zwar einerseits kurze Vertragsdauern zum akzeptablen Preis offeriert, andererseits durch die Einstiegsgebühr die Hemmschwelle erhöht direkt zu kündigen. Der Kunde kann so in den ersten Monaten noch gut gebunden und durch Leistung überzeugt werden. 

Fazit

Meine Meinung ist klar, deutlich kürzere Mitgliedschaften werden sich durchsetzen. Seien Sie also lieber First-Mover und stellen Sie Ihr Angebot entsprechend darauf ein, als dass Sie zum Nachziehen durch den Markt gezwungen werden. Ihre Kunden werden es Ihnen mit vielleicht unerwarteter Treue zu danken wissen.


Praxisbeispiel In Shape Fitnessstudios

In Sachen monatlich kündbare Mitgliedschaften gibt es viele Befürchtungen, was dies für das eigene Fitnessstudio bedeuten kann. Das dies nicht unbedingt so auch passieren muss, zeigt das Praxisbeispiel der In Shape-Studios. In meinem Podcast habe ich den Geschäftsführer Nico Scheller dazu befragt. 

zur Podcast-Folge >>


Du findest diesen Artikel auch in der TT-Digi Ausgabe 5-21.

Literaturverzeichnis

Bechler / Andreas (2021): “Warum kurze Vertragslaufzeiten die Fitnessbranch”, online einsehbar unter https://www.linkedin.com/pulse/warum-kurze-vertragslaufzeiten-die-fitnessbranche-werden-bechler/ (Stand: 20.09.2021)